Zinn ist nicht vom alten Eisen
Im Jahr 1929 gegründet, zählt das Zinnfigurenmuseum heute über 300.000 Einzelfiguren und ist damit die größte Zinnfigurensammlung der Welt. Natürlich erfahren Sie hier alles Wissenswerte zum Thema Zinnfiguren.
Für Kinder und Jugendliche ist gerade die Sonderausstellung „Mensch, Monster, Maschine“ angesagt. Hier gibt es Figuren aus Märchen, Mythen und natürlich aus Computerspielen und Science-Fiction-Filmen zu bestaunen. Manche Figuren scheinen Leben eingehaucht bekommen zu haben.
Der Besucher erlebt Szenen aus dem Alltag in der Steinzeit, nimmt teil an antiken Jagden, trifft Römer und Germanen, Ritter und Landsknechte. So wird ein Besuch des Deutschen Zinnfigurenmuseums zu einem Gang durch die Weltgeschichte im Miniaturformat.
Manchmal ist diese kleine Wunderwelt auch der Grund für einen Kulturschock
Denn kulturelle Generationen prallen aufeinander – Wo Hänsel und Gretel, einfach mal ein Navi dabei haben sollten und Gandalf eigentlich auf den Scheiterhaufen gehört.
Ein Streit um die ausgiebige Handynutzung könnte, in dieser leicht abgewandelten Geschichte, der Grund dafür sein, das ein Großvater mit seinem 16-jährigen Enkel das Kulmbacher Zinnfigurenmuseum besuchte. Weniger die verschwendete Zeit am Handy, sondern vielmehr die geistige Abwesenheit des Jugendlichen hatten den 72-Jährigen zu seiner Einladung bewogen: „Die neue Sonderausstellung mit Märchen und Mythen sollte selbst die heutige Jugend begeistern und zudem ein bisschen Kultur vermitteln.“ Gesagt, getan.
Schon am ersten Schaukasten der Sonderausstellung „Mensch. Monster. Maschine.“ steht der Senior verzaubert vor der Miniatur-Märchenwelt. Er zeigt Tobias die Figuren „Hänsel und Gretel“ der Gebrüder Grimm. Er erzählt begeistert von der Spur aus Brotkrümeln, die den Geschwistern einen sicheren Heimweg gewähren sollen. Der Enkelsohn sieht seinen Opa nur unverständlich an und reißt den in Kindheitserinnerungen schwelgenden Rentner aus seiner Traumwelt. „Selbst schuld, wenn sie ihr Handy zu Hause liegen lassen. Mit GPS und Navi-App, wäre das nicht passiert!“ Opa kratzt sich fragend am Kopf! „GPS?? Navi-waassss?“
Weiter im nächsten Schaukasten versetzen „Gandalf“ mit „Bodo Beutlin“ den Enkel in eine Phantasiewelt mit Zauberern, Orks und Trollen. Opa sind diese Namen kein Begriff. Sicher weiß der Senior auch nicht, dass der Nachtelf des Teenagers in der vergangenen Woche die World of Warcraft Levelgrenze erreicht hat. Der Rentner hingegen erklärt seinem Enkel, dass Hexen und Zauberer früher auf dem Scheiterhaufen landeten und alles andere als bewundert wurden!
Als der Großvater von Van Helsings wilder Jagd mit Knoblauch und Holzpflock auf Graf Dracula berichtet, ist er sich des Enkels Aufmerksamkeit sicher. Tobias stellt die Lage aber zügig klar. Sei doch Blade halb Mensch, halb Vampir und als „Daywalker“ klar im Vorteil. Zudem hätte dieser Held mit UV-Bögen, Sonnenlicht-Granaten und zuletzt Bio-Waffe längst alle Vampire ausgerottet. Neue Motivation fasst der Rentner, als er eine bekannte Szene aus einer germanischen Sage erblickt. „Oh schau da Tobi, die Nibelungensage, Siegfried, wie er sich die Liebe zu Kriemhild erringt, indem er sich einem Drachen dem Kampfe stellt. „Also Opa, wenn ich mir Kriemhild so ansehe, bin ich mir sicher, dass die halbnackte Schönheit die Drachenmutter Daenerys Targaryen von Game of Thrones darstellt. Die hat ihre Drachen auch alleine im Griff und braucht keinen Siegfried.“
Die Kulturvermittlung war an diesem Punkt des Museumsbesuches noch längst nicht abgeschlossen. Der 72-Jährige lernte noch einiges über Kriege zwischen den Sternen und Spielefiguren die auf Cosplay-Events zum Leben erweckt werden. Auch, dass ein sagenumwobenem Computerspiel Namens Fortnite 250 Millionen Kinder und Jugendliche aus aller Welt zusammenbringt, war dem Rentner fremd. Dass sein Enkel am Handy nur anderen Kindern beim Spielen zusieht, diese Gamer Millionen verdienen und dies Tobias Traumjob ist, machte den Kulturschock perfekt.